Qualitätsentwicklung
Wir verstehen Qualitätsentwicklung und die Sicherung erreichter Standards als einen fortlaufenden Prozess der Überprüfung, Infragestellung und Bewertung interner Arbeitsabläufe hinsichtlich des Nutzens der Klienten.
Konkret wird unsere Qualitätsentwicklung durch folgende Qualitätsentwicklungsbausteine (QEB) dargestellt:
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1. Kindeswohl und Kinderschutz
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt, Demütigung, Missbrauch, Vernachlässigung und Verstößen gegen die Menschenwürde ist vorrangige Aufgabe der Jugendhilfe. In der KJH FLOW gibt es ein verbindliches Verfahren bei gewichtigen Anzeichen einer möglichen Kindeswohlgefährdung. Dieses Verfahren ist in einer verpflichtenden Dienstanweisung schriftlich dargestellt und wird mit allen MitarbeiterInnen vor der Einstellung zur Kenntnisnahme durch Unterschrift vorgelegt.
In dem Verfahren werden nach einer kollegialen Beratung und der weiteren Einschätzung einer möglichen Gefahr für das Kind oder den Jugendlichen die namentlich bekannten Leitungskräfte der Einrichtung informiert. Diese pädagogischen Fachkräfte sind ausschließlich als insoweit erfahrene Kinderschutzfachkräfte durch Weiterbildung des DKSB qualifiziert und zertifiziert.
Wesentliche Aufgabe ist es, den Kindern und Jugendlichen in den Kinderschutzhäusern und Aufnahmegruppen, in den Wohngruppen und Wohnverbünden und dem Familienwohnen einen "Sicheren Ort" zu bieten.
Kinderschutz ist in der Einrichtung fest gekoppelt an Gewaltschutz. Die MitarbeiterInnen treten sowohl innerhalb der Einrichtung als auch in externen Zusammenhängen für eine Ächtung von Gewalt ein und bieten sich schützend an.
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2. Gewaltschutz und Gewaltprävention
- Verhinderung von und Schutz vor Gewalt sind wesentliche konzeptionelle Bestandteile und qualitative Bausteine in unserer Einrichtung.
- Kinder, die körperliche und seelische Gewalt erfahren, haben ein sichtbar deutlicheres Risiko, im späteren Verlauf ihres Lebens selbst Täterstrukturen zu entwickeln und Gewalt aktiv auszuüben. Eltern werden als Rollenvorbild erlebt und der negative Umgang in Konfliktsituationen mit gewalttätigen Übergriffen wird so als legitim wahrgenommen und direkt ins soziale Umfeld übertragen.
- Wiederkehrende (familiäre) Gewalt führt bei Kindern oftmals zu einer Beeinträchtigung in der Entwicklung bestimmter Hirnregionen und daraus resultierend zu einer sozio-emotionalen Störung bzw. Auffälligkeit im erlebten Verhalten. In der KJH FLOW gGmbH sind MitarbeiterInnen speziell zu dieser Thematik ausgebildet.
- Hilfebausteine für diese Arbeit sind unter anderem das Anti-Aggressivitäts®- und das Coolness-Training®. Hinzu kommen zertifizierte Kenntnisse durch Fortbildungen aus dem Bereich des Psychodramas, der Theaterpädagogik und des Krisenmanagements "Stalking und Partnergewalt". Zum einen können diese pädagogischen MitarbeiterInnen in gewaltbelasteten Familien ambulant tätig sein, um Kinder und Jugendliche, aber auch Elternteile, die Opfer oder Täter waren oder sind, zu unterstützen, zum anderen um gezielt in Gruppen AAT®s und CT®s durchzuführen.
- • Des weiteren stehen diese KollegInnen den stationären Breichen beratend und flankierend zur Verfügung, um Gewalt in Wohngruppen zu vermeiden und Krisensituationen aufzuarbeiten und zu reflektieren.
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3. Aufnahmeverfahren und Beendigungen
Das Aufnahmeverfahren hat als Schlüsselprozess eine herausgestellte Position, weil insbesondere der Aufnahmetag wesentlich über den Erfolg oder Misserfolg einer stationären Maßnahme entscheidet.
In einem dreijährigen Forschungsprojekt hat die KJH FLOW gGmbH mit der FH Dortmund Kinder, Jugendliche und Fachkräfte aus der Heimerziehung zu ihren Erfahrungen im Aufnahmeprozess befragt. Die Ergebnisse wurden in einer Inhouse-Fortbildung vorgestellt und in 2014 in einem Sammelband veröffentlicht.
Angeregt durch das Forschungsprojekt bildeten sich in unserer Einrichtung Standards sowie eine verstärkte Sensibilität für die enorme Bedeutung des Aufnahmeprozesses.
Die Umsetzung des Grundsatzes, dass in der KJH FLOW gGmbH keine Kinder und Jugendlichen einseitig durch die Einrichtung entlassen werden, erfordert einen ständigen Dialog mit allen Gruppen und Wohnformen der Einrichtung.
Das Merkmal des "sicheren Ortes" für Kinder und Jugendliche ist ein notwendiger Qualitätsbaustein. Für BewohnerInnen in Wohngruppen, die in dem vorhandenen Betreuungsrahmen nicht mehr adäquat unterstützt werden können, weil sie Probleme machen und/oder Probleme haben, werden immer gemeinsame Hilfeplanungsgespräche mit dem Jugendamt angestrebt, um einen Rahmen "um den Jugendlichen" zu entwickeln und ihn nicht in vorgeformte Rahmungen zu pressen.
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4. Traumapädagogische Grundhaltungen und Bindungsverhalten
Die Mehrheit der betreuten Kinder und Jugendlichen weisen traumatische Erlebnisse durch Gewalt-, Missbrauchs- und massive Vernachlässigungserfahrungen auf und konnten häufig keine sichere Bindung zu Bezugspersonen aufbauen.
Die schwerwiegenden Folgen spiegeln sich in der täglichen Arbeit wider. Somit ist die Implementierung traumapädagogischer Grundhaltungen eine notwendige Qualitätsentwicklungsmaßnahme, die in folgenden Schritten umgesetzt wurde:
ZIEL SCHRITTE bis Beschreibung traumapädagogischer Standards als Konzept für die Einrichtung Sichtung des vorliegenden Materials (Literatur), Zusammenfassung der Ergebnisse, Diskussion und Beschlussfassung 09/2014 (abgeschlossen) Einführung des Konzepts traumapädagogischer Standards in die Projekte Einführung in die Teams, besonders eine ständige Einführung für neue Mitarbeiter 06/2015 und fortlaufend Fort. und Weiterbildung zu Traumapädagogen Sichtung der Angebote, ständig zwei MitarbeiterInnen in der Ausbildung fortlaufend Darstellung der Ergebnisse aus der Hirnforschung Erstellung einer Zusammenfassung über die Erkenntnisse und Information in der Einrichtung 01/2015 und fortlaufend -
5. Kontaktpflege mit dem Herkunftssystem und den Bezugsgruppen
Heimerziehung ist in der Regel am wirkungsvollsten, wenn die Kinder und Jugendlichen im Kontext ihrer Familiengeschichte verstanden werden und die Eltern sich an der Hilfe beteiligen.
Kinder und Jugendlichen sollten sich nicht gezwungen fühlen, zwischen ErzieherInnen und Eltern zu entscheiden. Fehlt das Angebot der Elternarbeit, so bleibt ein Teil der Lebensgeschichte der BewohnerInnen unberücksichtigt.
Beteiligung ist nicht automatisch gegeben und muss manchmal errungen werden, Information aber ist Pflicht, auch bei noch nicht mitwirkungsbereiten Eltern.
Wichtige Maßnahmen der Elternarbeit sind:
- Einbeziehung bei Aufnahme, Hilfe- und Erziehungsplanung
- Unterstützung der Kinder und Jugendlichen bei Telefon- und Briefkontakten
- Einladung der Eltern zu gemeinsamen Alltagshandlungen, Aktivitäten und Freizeitangeboten
- Organisation und Durchführung von Geschwistertreffen
- Ermöglichung von Kontakpflege durch Besuche der Eltern in der Einrichtung
- Kontaktaufnahme zu den Eltern nur mit deren Einwilligung in ihrem Zuhause
- Sicherung der Teilhabe von Eltern an Festen und Feiern
- Allgemeine Kontaktpflege zur Schule und Ausbildungsstätte, sowie Kontaktpflege zu Vereinen (z.b. gemeinsamer Besuch von Sportveranstaltungen)
- Forderung und Förderung der Beteiligung in der Hilfeplanung
- Überlassung von Verantwortung an die Eltern
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6. Partizipation und Beschwerdewesen
Beteiligung und Beschwerde
Auf der Grundlage des Bundeskinderschutzgesetztes (BKiSchG) sind in unserer Einrichtung verfahrenstechnische Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes erfolgt. Dies ist ein Beitrag zur weiteren Qualifizierung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdungen und zur Implementierung von Hilfen, die elterliche Erziehungskompetenz stärken sollen.
OmbudsstelleSeit 2011 ist in der KJH FLOW gGmbH eine interne Beschwerdestelle implementiert für Kinder und Jugendliche, die in unserer Einrichtung betreut werden. Eine ausgebildete "Ombudsfrau" nimmt Beschwerden und Anregungen entgegen, arbeitet an der Entwicklung von Qualitätsmerkmalen für die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen und bringt sich in entsprechenden Netzwerken ein.
Die Ombudsfrau hat die Ressourcen und Kompetenzen ihres Aufgabenfeldes zu bearbeiten und mit weiteren Beteiligten Lösungen herbeizuführen. Damit soll auch weiter der Schutz vor Gewalt in den Wohngruppen und Einrichtungen sichergestellt werden. Meldungen über Kindeswohl gefährdende Situationen werden unverzüglich zertifizierten Kinderschutzfachkräften unserer Einrichtung gemeldet. Besondere meldepflichtige Vorkommnisse werden unverzüglich der Einrichtungsleitung mitgeteilt.
Die Weiterentwicklung fachlicher Standards im Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren wird innerhalb der Einrichtung durch regelmäßige Teilnahme der Ombudsfrau an den Regionalleitersitzungen und der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Einrichtungsleitung und Geschäftsführung sichergestellt.
Die interne und externe Aufklärung über die BuS-Stelle geschieht über Informationsbroschüren, die sowohl an die betreuten Kinder als auch an deren Familien persönlich über die Ombudsfrau oder bei Neuaufnahme in unserer Einrichtung weitegereicht werden. Der Umgang mit allen an die BuS-Stelle übermittelten Daten ist vertraulich und unterliegt der Schweigepflicht.
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7. Hilfen für von seelischer Behinderung betroffener/bedrohter Menschen
Im Rahmen unseres gesamten Angebotes bieten wir im Einzelfall auch ambulante und stationäre Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche an, die der Personengruppe des § 35a SGB VIII zugeordnet werden.
Grundsätze
I. Gegen Spezialisierung: Es bestehen keine spezialisierten Angebote für seelisch behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen.
II. Lebensweltorientierung: Wohngruppen und Wohnverbünde bieten ein lebensweltnahes Setting für alle Kinder und Jugendlichen. Sie sind in die Wohnquartiere integriert und bieten Inklusion für Menschen mit besonderen Belastungen.
III. Therapeutisches Setting: Notwendige therapeutische Hilfen sind im Sozialraum ausreichend vorhanden und werden genutzt. Einrichtungsinterne therapeutische Spzialfachkräfte sind nicht vorhanden und auch nicht gewünscht. Als Einrichtung ohne gruppenübergreifende Dienste ist aber zuverlässige Fachberatung ein Qualitätsbestandteil.
IV. Wissen durch Fort- und Weiterbildung, Fachberatung: Die Auseinandersetzung mit der Problematik der seelischen Erkrankungen, auch in Abgrenzung zu psychischen Störungen, erfordert eine ständige Fort- und Weiterbildung. Einzelne MitarbeiterInnen, die sich besonders mit dem Themenfeld beschäftigen, erhalten die Möglichkeit an entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Außerdem gibt es MitarbeiterInnen mit psychologischen und psychotherapeutischen (Zusatz-) Ausbildungen.
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8. Qualität durch Fort- und Weiterbildung
Qualifizierungsangebote für MitarbeiterInnen garantieren eine Arbeit, die zeitgemäßes Wissen und neue Kenntnisse in Arbeitsabläufe integriert.
Qualifizierungsangebote
- regelmäßige Supervision und regelmäßiges Coaching durch externe Fachleute
- Reflektionen und Beratung der Teams oder einzelner Mitarbeiter*innen
- psychologische oder psychiatrische Fallberatungen, insbesondere in den Kinderschutzhäusern mit dem Schwerpunkt "Bindungsverhalten"
- regelmäßige Reflektion der Regionalleitungen durch interne und externe Fachkräfte
- themenbezogene Inhouse-Seminare
- individuelle Weiterbildungsplanung mit der Möglichkeit der Ausbildung zum/zur Systemischen Familienberater*in, Traumpädagog*in, Anti-Aggressivitäts-Trainer*in, Spieltherapeut*in, Reitpädagog*in u.v.m. für Mitarbeiter*innen in unbefristeten Arbeitsverhältnissen.
Die Einrichtung übernimmt die gesamten Sachkosten.
Projektgebundene Forschungsprojekte
- Teilnahme an projektgebundenen Forschungsprojekten mit der FH Dortmund durch Frau Prof. Dr. Katja Nowacki
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9. Frühe Hilfen, Netzwerke und Kooperationen
Das Ziel der "Frühen Hilfen" besteht laut NZFH (Nationales Zentrum Frühe Hilfen) in der frühzeitigen und nachhaltigen Verbesserung der Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Eltern in Familie und Gesellschaft. Dabei soll neben alltagspraktischer Unterstützung auch Beziehungs- und Erziehungskompetenz von (werdenden) Müttern und Vätern gefördert werden, um das gesunde Aufwachsen von Kindern zu sichern sowie deren Rechte auf Schutz, Förderung und Teilhabe.
MAPP-Eltern-AG
ELTERN-AG ist ein praxisorientiertes Präventionsprogramm der frühen Bildung, Elternschule und Jugendhilfe. Das Angebot richtet sich an die Familien in besonders belastenden Lebenslagen, die durch konventionelle Hilfsangebote nur schwer bis gar nicht erreicht werden.
Für die Durchführung der Elternschulen wurden MitarbeiterInnen der KJH FLOW gGmbH von der gemeinnützigen MAPP-Empowerment GmbH in einer berufsbegleitenden neun- bis zwölfmonatigen Zusatzausbildung zu ELTERN-AG MentorInnen ausgebildet worden.
Babybedenkzeit-Projekt
Das Projekt ist Teil des kommunalen Bottroper Netzwerkes Frühe Hilfe, gefördert vom BMFSFJ bzw. der Bundesinitiative "Netzwerke Frühe und Familienhebammen".
Das präventive Gruppenangebot "Verantwortungsvolle Elternschaft" richtet sich überwiegend an minderjährige und junge volljährige Frauen. Ein Hauptziel ist die Prävention vor Überforderung mit den Folgen möglicher Kindesvernachlässigung und -misshandlung.
Ein Hauptziel ist die Prävention vor Überforderung mit den Folgen möglicher Kindesvernachlässigung und -misshandlung.